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Wettbewerbsrecht: Schutz gegen Domains und Metatags

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Wer fremde Marken als Bestandteil von Domainnamen oder als Metatags benutzt, um auf dieselben Produkte des eigenen Unternehmens aufmerksam zu machen, handelt unter Umständen unlauter und damit wettbewerbswidrig. So entschied die Dritte Kammer des EuGH im Sommer 2013 auf eine Vorlage des belgischen Hof van Cassatie (Az. C-657/11 – BEST/Visys).

Das gilt jedenfalls dann, so die Richter, wenn diese Nutzung als eine Äußerung mit dem Ziel der Absatzförderung für die eigenen Produkte oder Dienstleistungen verstanden werden kann. Dann nämlich liege eine irreführende vergleichende Werbung vor, die im geschäftlichen Verkehr zwischen Wettbewerbern unzulässig sei.

Im konkreten Fall ging es um einen Hersteller von Sortiermaschinen und Sortiersystemen, welche mit Lastertechnologie funktionieren. Das Unternehmen ist auf dem relevanten Markt unter dem Namen BEST bekannt und ist auch Inhaber einer entsprechenden Marke in den Benelux-Ländern. Ein ehemaliger Angestellter der BEST machte sich nun in derselben Branche mit der Firma Visys selbstständig.

Neben den Domains www.visys.be und www.visysglobal.be sicherte sich der ehemalige Angestellte auch die Domain www.bestlasersorter.com. Außerdem benutzte er mehrere Metatags, welche gleichlautend waren mit bestimmten Typenbezeichnungen, die BEST für seine – im Markt sehr erfolgreichen – Maschinen und Systeme nutzte.

Dieses Vorgehen sei geeignet, die anderen Marktteilnehmer über die Herkunft der Produkte zu täuschen und damit als irreführende Werbung unzulässig. Denn bei Eingabe der Begriffe BEST und Lasersorter oder bestimmter Typenbezeichnungen würden Internetnutzer automatisch zumindest auch auf die Angebote der Visys aufmerksam gemacht. Der Domainname und die Metatags dienten daher erkennbar dazu, sich die Bekanntheit und die Marktposition der BEST zunutze zu machen, um den Absatz der eigenen Produkte zu fördern.

Die Entscheidung bringt eine wichtige Klarstellung in diesem wettbewerbsrechtlich wichtigen Feld. Es dürfte allerdings nichts an der jüngst bestätigten Rechtsprechung deutscher Gerichte zur Markennutzung im Rahmen des sog. Keyword-Advertising ändern (s. hierzu unsere Blogs unter http://www.anwaltskanzlei-online.de/2013/10/27/markenrecht-bgh-staerkt-das-keyword-advertising-erneut/ und http://www.anwaltskanzlei-online.de/2013/06/14/markenrecht-keyword-advertising-bleibt-zulaessig/).

Denn zwischen beiden Bereichen besteht ein gewichtiger Unterschied: Im Rahmen deutlich von den übrigen Suchergebnissen abgegrenzter und als „Anzeige“ überschriebener Angebote sieht der BGH deswegen keinen wettbewerbsrechtlichen Verstoß, weil die Nutzer bei solchen bezahlten Einträgen um deren werblichen Charakter wüssten. Hier kann es daher im Interesse eines funktionsfähigen Wettbewerbs sogar notwendig sein, auf die Suche nach bekannten Marken aufzuspringen, um auf eigene Produkte aufmerksam zu machen. Anders, so auch die Auffassung des BGH, wenn die Suchergebnisse nicht deutlich abgegrenzt sind. Dann bestehe tatsächlich die Gefahr einer Irreführung.

Die Abgrenzung der unterschiedlichen Interessenlagen bleibt hier schwierig und für die Markeninhaber unbefriedigend. Denn die Annahme, insbesondere Verbraucher würden in jedem Falle die „Anzeigen“ von den übrigen Suchergebnissen getrennt betrachten und bewerten, ist in der Praxis zum einen kaum nachprüfbar. Zum anderen widerspricht sie auch dem sonst üblichen Bild der Rechtsprechung von den Fähigkeiten eines durchschnittlich aufmerksamen Verbrauchers. Im Rahmen zahlloser Entscheidungen zu AGB, insbesondere auch im Bereich Internet und eCommerce hat der BGH herausgestellt, dass an Verbraucher praktisch keinerlei Erwartungen im Hinblick auf Aufmerksamkeit und verständige Würdigung auch simpler Lebensvorgänge gestellt werden dürfen. Dennoch: Die Entscheidung des EuGH stellt für das europäische Wettbewerbsrecht Klarheit her und ist schon deshalb zu begrüßen.


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